Allgemeine nicht infektiöse Erkrankungen des äußeren Ohres: Ätiologie, Anatomie, Diagnostik, Therapie

Diese Gruppe beinhaltet Krankheitsbilder, deren Ursache nicht auf eine Infektion zurückzuführen ist. In der Regel entstehen sie von selbst und die Ursachen sind bisher nicht klar.

Klassifikation

Zu den nicht infektiösen Erkrankungen des äußeren Ohres gehören folgende:

  • Zeruminalpfropf
  • Fremdkörper im Gehörgang (nicht lebend)
  • Fremdkörper im Gehörgang (lebend)
  • Gehörgangsosteom
  • Gehörgangsexostosen
  • Gehörgangspolyp
  • Gehörgangscholesteatom

Ätiologie

Ein Zeruminalpfropf kann bei Menschen mit Überproduktion von Cerumen und einem engen Gehörgang sowie beim Zusammenschieben des Pfropfes durch übertriebene Reinigung des Gehörgangs mit Reinigungsutensilien wie Wattestäbchen, Stecknadel, Streichholz, Stricknadel oder Zahnstocher entstehen.

Zeruminalpfropf im Gehörgang
Zeruminalpfropf im Gehörgang: 3D-Modell

Nicht lebende Gehörgangsfremdkörper sind häufig bei Kindern anzutreffen, die auf solche Weise die Grenzen ihres Körpers erforschen oder sich in spielerischer Absicht Gegenstände ins Ohr stecken. Bei Erwachsenen handelt es sich in der Regel um die Versuche, das Ohr mit diversen Utensilien zu reinigen oder um eine psychische Störung.

Lebende Fremdkörper kriechen in den Gehörgang selbst hinein, in der Regel im Schlaf oder bei einem Ausflug ins Grüne oder einem Waldspaziergang (Kakerlaken, Spinnen, Mücken).

Lebender Fremdkörper im Gehörgang (Spinne)
Lebender Fremdkörper im Gehörgang (Spinne): 3D-Modell

Die Ätiologie von Osteomen und Exostosen ist zur Zeit noch nicht geklärt. Diese Pathologien zählen zu benignen Knochentumoren. Einige Studien weisen darauf hin, dass Exostosen häufiger bei Profischwimmern entstehen. Vermutlich hängt dies mit einer ständigen Reizung der Gehörgänge durch Wasser zusammen.

Polyp und Cholesteatom werden durch eine Schädigung des Gehörganges bzw. des Trommelfells, eine chronische Infektion des Mittelohrs, regelmäßige Verletzung und Mazeration der Haut und selten auch durch eine fahrlässige Entfernung von Fremdkörpern oder Zeruminalpfropfe ausgelöst.

Anatomie

Zeruminalpfropfe

Die Zeruminaldrüsen (Glandulae ceruminosae) liegen im äußeren knorpeligen Gehörgang, der seine Konfiguration beim Kauen und Reden durch die Bewegung des Kiefergelenks verändert, wobei das Cerumen nach vorne vorgeschoben wird und von selbst ausfließt. Bei einer Reinigung des Gehörgangs mit Fremdkörpern (einschl. Wattestäbchen) wird Cerumen in den knöchernen Gehörgang verlagert, wodurch es von selbst nicht ausfließen kann und es kommt zu einem Verschluss.

Fremdkörper im Gehörgang

Meistens entstehen keine Verletzungen durch Fremdkörper im Gehörgang. Sehr selten sind kleine Schürfungen oder Hämatome möglich.

Organische Fremdkörper wie Hülsenfrüchte können aufquellen, dicht an der Haut anliegen und so das Lumen vollständig obturieren. Besonders gefährlich sind Batterien, die eine Verätzung auslösen und außer dem Gehörgang auch das Trommelfell und das Mittelohr schädigen können.

Fremdkörper im Gehörgang (Glasperle)
Fremdkörper im Gehörgang (Glasperle): 3D-Modell

Lebende Fremdkörper (Insekten) können durch ihre Bewegungen die Haut des Gehörgangs verletzen.

Osteome, Exostosen

Osteome stellen einen echten, benignen, gestielten Knochentumor dar. Sie werden aus dem Schläfenbeingewebe gebildet, sind einseitig und treten einzeln auf. Osteome liegen im Bereich der Fissura tympanosquamosa und können bei ausgeprägtem Wachstum das Lumen des Gehörgangs verschließen.

Gehörgangsosteom
Gehörgangsosteom: 3D-Modell

Unter Exostose, anders genannt Hyperostose, versteht man auch die Bildung überschüssigen Knochengewebes, die aber häufiger beiderseits im Bereich des Anulus tympanicus zu finden ist. Exostosen sind multipel, sie liegen radial auf einer breiten Basis.

Gehörgangsexostosen
Gehörgangsexostosen: 3D-Modell

Cholesteatom, Gehörgangspolyp

Gehörgangscholesteatom stellt abgeschupptes, mit Cholesterin getränktes Plattenepithel dar, das in eine der Gehörgangswände eingewachsen ist und bei starker Ausbreitung das Lumen vollständig verschließen kann.

Beim Gehörgangspolyp geht es um eine Wucherung von Granulationsgewebe. Er stellt eine rundliche feuchte Polsterbildung der Weichteile, die Schleim produziert und den Gehörgang vollständig obturieren kann.

Gehörgangspolyp
Gehörgangspolyp: 3D-Modell

Klinik

Die Klinik der Zeruminalpfropfe beinhaltet Dyskompfort, taubes Gefühl, Tinnitus, Hörminderung durch Schallleitungsstörung sowie manchmal auch Schwindelgefühl. Otoskopisch zeigt sich eine Ansammlung von Cerumen, das den Gehörgang obturiert.

Nicht lebende Fremdkörper verursachen Unwohlsein, stumpfe und nagende Schmerzen, ein Rauschen, wie Wasser im Ohr, zusätzliche Geräusche, leichten Hörverlust.

Fremdkörper, die durch Feuchte quellen und das Lumen komplett verschließen, sowie Batterien sind noch schmerzhafter und können Dekubitus und tiefe Schädigung von tiefliegendem Gewebe herbeiführen.

Lebende Fremdkörper (Insekten) verursachen Beschwerden durch ihre Bewegungen und Summen, Schmerzgefühl. Dabei gerät der Betroffene in Panik und bekommt Angst. Wenn Fremdkörper lange Zeit im Gehörgang bleiben, kann es zur Schädigung und Infektion der Haut mit Ödem und pathologischem Ausfluss kommen. Selten, wenn ein Fremdkörper sehr lange (mehrere Jahre) drin bleibt, kann er in den Gehörgang hineinwachsen und mit Haut bedeckt sein.

Exostosen und Osteome des äußeren Gehörganges verlaufen meist symptomfrei und verursachen keine Beschwerden beim Patienten.

Ein Cholesteatom zeigt sich durch ständigen Juckreiz, Fremdkörpergefühl und Hörminderung. Bei Infektion sind Ausfluss und Schmerzen möglich. Die Symptome von einem Gehörgangspolyp sind Hörverlust und spärliches schleimiges Exsudat.

Gehörgangscholesteatom
Gehörgangscholesteatom: 3D-Modell

Diagnostik der nicht infektiösen Erkrankungen des äußeren Ohres

Zur Diagnose von Zeruminalpfropf und Fremdkörpern reicht Otoskopie aus, bei der typische Veränderungen festgestellt werden.

Bei Exostose, Osteom, Cholesteatom und Polypen erfolgt außer otoskopischer Untersuchung ein Schläfenbein-CT, um die Lokalisation und den Grad des pathologischen Prozesses zu präzisieren. Zusätzliche Neubildungen werden auch stets histologisch untersucht.

Behandlung der nicht infektiösen Erkrankungen des äußeren Ohres

Zeruminalpfropfe werden durch Spülung des Gehörgangs mit warmer steriler Lösung (Furacin) ambulant behandelt. In manchen Fällen wird der Pfropf mit warmem Wasserstoffperoxid 3% aufgeweicht oder mit einem passenden Werkzeug wie Haken extrahiert.

3D-Animation: Bildung eines Zeruminalpfropfes

Fremdkörper können auch unter ambulanten Bedingungen durch Spülung (außer Hülsenfrüchten, damit diese nicht aufquellen) oder mit einem Haken entfernt werden. Eine Pinzette darf nicht eingesetzt werden, da ihre Schenkel beim Schließen den Fremdkörper noch tiefer ins Ohr transportieren könnten. In einigen Fällen werden davor einige Tropfen alkoholische Lösungen in den Gehörgang eingetropft (um organische Fremdkörper zu trocknen bzw. Insekten unbeweglich zu machen). Manchmal werden Fremdkörper unter operativen Bedingungen mit Anästhesie und unter Einsatz eines Mikroskops entfernt.

Exostosen und Osteome werden chirurgisch exzidiert, wobei die regelrechte Gehörgangsanatomie wiederhergestellt wird. In der Regel erfolgt ein operativer Eingriff, wenn diese Bildungen das Lumen obturieren und einen Gehörverlust verursachen sowie lang anhaltende rezidivierende Otitis externa begünstigen. Bei kleinerem Ausmaß und einem sichtbaren Trommelfell erfolgt eine Verlaufskontrolle des Patienten.

Die Therapie der Wahl bei einem Cholesteatom des äußeren Gehörganges ist eine regelmäßige Behandlung durch einen HNO-Arzt unter ambulanten Bedingungen. Bei häufigen Rezidiven und einer wirkungslosen konservativen Therapie erfolgt chirurgische Sanierung mit anschließender Meatusplastik.

Ein Gehörgangspolyp wird operativ versorgt. Davor werden zur Schrumpfung des Polyps halbalkoholische Mittel mit trocknender Wirkung eingetropft.

Es sei zu beachten, dass Cholesteatom und Polyp durch eine Primärerkrankung verursacht werden und für einen Therapieerfolg auch die Einwirkung auf den ätiologischen Faktor notwendig ist.

FAQ

1. Was sind die wichtigsten nicht infektiösen Erkrankungen des äußeren Ohres?

Zu dieser Gruppe gehören Zeruminalpfropfe, Fremdkörper (lebend und nicht lebend), Osteome, Exostosen, Polypen und Cholesteatome des Gehörganges.

2. Wie werden nicht infektiöse Erkrankungen des äußeren Ohres diagnostiziert?

Die Diagnose basiert auf einer Otoskopie. Bei Verdacht auf Knochenwucherungen, Cholesteatom oder Polypen sind zusätzlich eine CT-Untersuchung der Schläfenbeine und eine histologische Untersuchung angezeigt.

3. Welche Behandlungsoptionen gibt es bei nicht infektiösen Erkrankungen des äußeren Ohres?

Zeruminalpfropfe und Fremdkörper werden ambulant durch Spülung oder mit speziellen Werkzeugen entfernt. Osteome und Exostosen werden chirurgisch behandelt, wenn sie Beschwerden oder Komplikationen verursachen. Cholesteatome und Polypen müssen operativ entfernt werden.

4. Wie lassen sich Komplikationen bei der Entfernung von Fremdkörpern vermeiden?

Wichtig ist, keine Pinzette zu verwenden, damit der Fremdkörper nicht noch tiefer eingeschoben wird. Vor der Entfernung lebender Insekten werden lokal Alkohollösungen angewendet, um sie unbeweglich zu machen. Manchmal werden Fremdkörper mit Anästhesie und unter Einsatz eines Mikroskops entfernt.

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