Atypische Formen der Tonsillitis: Klassifikation, Symptome und Therapie
Inhaltsübersicht
Akute Tonsillitis ist die Entzündung der Gaumenmandeln, die verschiedene klinische Formen annehmen kann. Atypische Formen unterscheiden sich in ihrer Ätiologie, ihrem Verlauf und der lokalen wie auch allgemeinen Symptomatik.
Klassifikation der akuten Tonsillitis
- Herpangina
- Phlegmonöse Tonsillitis (Intratonsillarabszess)
- Plaut-Vincent-Angina (Tonsillitis ulceromembranacea, Angina ulceromembranacea, Angina Plaut-Vincenti)
- Mykotische (pilzbedingte Tonsillitis)
- Tonsillitis bei Diphtherie
- Tonsillitis bei Masern
- Tonsillitis bei Scharlach
- Tonsillitis bei infektiöser Mononukleose
- Syphilitische Tonsillitis (Angina specifica)
Vergleichende Darstellung atypischer Formen der Tonsillitis
Formen der Tonsillitis | Ätiologie | Symptome | Diagnostik | Therapie |
---|---|---|---|---|
Herpangina | Coxsackie-Viren, Echovirus, Adenoviren | Vesikulärer Ausschlag am weichen Gaumen, Fieber, Kopfschmerzen, leichte Halsschmerzen | Klinik, PCR in Oropharyngealabstrich, IgM im Blut | Symptomatisch (fiebersenkende Mittel, Spülung mit Antiseptika) |
Phlegmonöse Tonsillitis | GAS (β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A) | Einseitige Läsion, eitrige Einschmelzung der Tonsille, hohes Fieber, starke Schmerzen | Pharyngoskopie, Punktion der Tonsille | Eröffnung des Abszesses, Antibiotika (Penicilline, Makrolide), NSAR |
Angina Plaut-Vincent | Symbiose von Fusobakterien und Spirochäten | Einseitige Tonsillennekrose mit leicht ablösbarem Belag, Mundgeruch | Bakteriologische Untersuchung es Belags | Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine), topische Antiseptika |
Mykotische Tonsillitis | Candida spp. (seltener Aspergillus, Penicillium) | Krümeliger Belag auf Tonsillen, Juckreiz, Brennen, Mundtrockenheit | Mikroskopische Untersuchung und Pilzkultur | Antimykotika (topisch und systemisch) |
Tonsillitis bei Diphtherie | Corynebacterium diphtheriae (Klebs-Loeffler-Bazillus) | Dichte graue Beläge auf Tonsillen, „Cäsarenhals“ (Schwellung des Halses), ausgeprägte Allgemeinsymptomatik | Bakteriologische Untersuchung, Kultur, Toxizitätstest | Diphtherie-Antitoxin, Antibiotika (Penicilline), stationäre Aufnahme |
Tonsillitis bei Masern | Masernvirus (Morbillivirus) | Koplik-Flecken, Masernausschlag, Konjunktivitis, Rhinitis | Serologischer Test (IgM), PCR in Oropharyngealabstrich | Symptomatische Therapie, Impfung zur Prophylaxe |
Tonsillitis bei Scharlach | GAS (β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A) | „Himbeerzunge“, feines punktförmiges Exanthem, Hyperämie des Rachens, Schuppung der Haut | Streptokokken-Test, Rachenkultur | Antibiotika (Penicilline), Spülung mit Antiseptika |
Tonsillitis bei Mononukleose | Epstein-Barr-Virus (EBV) | Dichte graue Beläge auf Tonsillen, Lymphadenopathie, Vergrößerung der Leber und der Milz | Bluttest (atypische mononukleäre Zellen), serologischer Test (IgM EBV) | Symptomatisch, Kortikosteroide bei schwerem Verlauf |
Syphilitische Tonsillitis (Angina specifica) | Treponema pallidum (Spirochaeta pallidum) | Harter Schanker (Stadium 1), Plaques muqueuses (Stadium 2), Gummen (Stadium 3) | Serologische Tests (Wassermann-Test, ELISA, IHT) | Antibiotika Benzathinpenicillin), Mitbehandlung des Sexualpartners |
Herpangina
Ätiologie der Herpangina
Herpangina (Angina herpetica, Zahorsky-Krankheit) wird durch Coxsackie-Virus, Retroviren, Echoviren u. Adenoviren verursacht. Der Name, der dem Herpesvirus ähnelt, bezieht sich auf ähnliche vesikuläre Hautausschläge und tritt häufiger bei Kindern auf.
Anatomie der Herpangina
Bei Herpangina finden sich vesikuläre Ausschläge am weichen Gaumen, an den Gaumendrüsen bei einem hyperämischen Rachen. Die Gaumenmandeln sind leicht hyperämisch und geschwollen, gelegentlich auch mit weißlichen Bläschen (Vesikeln) bedeckt.
Symptome der Herpangina
Bei Herpangina ist das Vorherrschen der allgemeinen Symptome über den lokalen Symptomen charakteristisch. Ausgeprägtes Fieber mit hohen Temperaturen, Kopf- und Muskelschmerzen sind dabei typisch. Die Erkrankung heilt in der Regel innerhalb von 3–4 Tagen von selbst aus. Halsschmerzen sind schwach ausgeprägt, Kinder können unter Umständen die Nahrungsaufnahme verweigern.
Diagnostik der Herpangina
Die Krankheit wird anhand eines typischen klinischen Bildes diagnostiziert. Ein Antikörpertest (IgM) bzw. ein Oropharyngealabstrich zum RNA-Nachweis mittels PCR werden eingesetzt. Eine allgemeine Blutuntersuchung ist empfohlen, um den Grad der Vergiftung zu beurteilen und den Spiegel des C-reaktiven Proteins zu bestimmen.
Therapie der Herpangina
Bei der Behandlung der Herpangina wird eine symptomatische Therapie angewandt. Es werden fiebersenkende Mittel (Antipyretika) eingesetzt und die Mundhöhle regelmäßig mit antiseptischen Mitteln gespült.
Phlegmonöse Tonsillitis (Intratonsillarabszess)
Ätiologie der phlegmonösen Tonsillitis
Die Erreger der phlegmonösen Form der Tonsillitis sind ähnlich wie bei der typischen Form der akuten Tonsillitis (s. Artikel «Akute entzündliche Erkrankungen des Rachens: Klassifikation, Symptome, Therapie»). Am häufigsten sind es β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (GAS).
Anatomie der phlegmonösen Tonsillitis
Bei der phlegmonösen Tonsillitis kommt es zur eitrigen Einschmelzung des Gewebes in der Gaumenmandel. Die Erkrankung entwickelt sich im Rahmen einer klassischen akuten Mandelentzündung. Der Prozess ist unilateral. Die Tonsille ist infiltriert, hyperämisch, gespannt und wölbt sich vor. Im Zentrum bildet sich ein eitriger Herd. Der Inhalt kann selbstständig durch die Lakunen abfließen. Das umliegende Rachengewebe ist stark hyperämisch. Der Rachen ist asymmetrisch. Regionäre Lymphknoten sind vergrößert.
Symptome der phlegmonösen Tonsillitis
Diese Form ist durch eine zweite Fieberwelle 3–4 Tage nach Ausbruch der Krankheit gekennzeichnet. Die Körpertemperatur steigt auf 39–41°C. Es treten ausgeprägte Halsschmerzen auf, die sich beim Schlucken, Sprechen und Bewegen der Zunge verstärken. Hinzu kommen Mundgeruch, Hypersalivation, Schluck- und Sprachschwierigkeiten. Dem Patienten fällt es schwer, den Mund zu öffnen.
Diagnostik der phlegmonösen Tonsillitis
Die Diagnose ist ähnlich wie bei der üblichen Tonsillitis. Zu therapeutischen und diagnostischen Zwecken wird die betroffene Tonsille punktiert.
Behandlung der phlegmonösen Tonsillitis
Der Intratonsillarabszess wird eröffnet und drainiert. Binnen der nächsten Tagen wird der Abszess revidiert. Zur konservativen Behandlung werden 10 Tage lang antibakterielle Arzneimittel der Gruppe der Penicilline verwendet, bei Allergie sind es Cephalosporine oder Makrolide. Zusätzlich werden nicht steroidale Entzündungshemmer (NSAR) und lokal antiseptische Lösungen zum Gurgeln verordnet.
Plaut-Vincent-Angina (Tonsillitis ulceromembranacea)
Ätiologie der Plaut-Vincent-Angina
Der Erreger der Plaut-Vincent-Angina (Tonsillitis ulceromembranacea, Angina ulceromembranacea, Angina Plaut-Vincenti) ist eine Symbiose aus Fusobakterien und Spirochäten.
Anatomie der Plaut-Vincent-Angina
Diese Form der Angina ist durch eine einseitige Läsion der Gaumenmandel gekennzeichnet, die sich als Zone tiefer Nekrose am oberen Pol mit einem weißlichen, leicht ablösbaren Belag manifestiert. Der Prozess kann sich auf den weichen Gaumen, die Wange und das Zahnfleisch ausbreiten.
Symptome der Plaut-Vincent-Angina
Die Plaut-Vincent-Angina ist gekennzeichnet durch einseitige Läsionen der Gaumenmandeln und das Fehlen von Allgemeinsymptomen. Die Betroffenen berichten über Unbehagen, leichte Halsschmerzen auf der betroffenen Seite und Mundgeruch. Die Lymphknoten entlang des Musculus sternocleidomastoideus vergrößern sich. Fieber ist untypisch.
Diagnostik der Plaut-Vincent-Angina
Die Diagnose wird anhand des charakteristischen klinischen Bildes und der pharyngoskopischen Ergebnisse gestellt. Obligat ist eine bakteriologische Untersuchung des Oropharyngealsekrets mit anschließender Resistenzbestimmung.
Behandlung der Plaut-Vincent-Angina
Antibiotika der Gruppe der Penicilline bzw. Cephalosporine werden zur Behandlung (7–10 Tage) eingesetzt. Die Mundschleimhaut ist mit antiseptischen Lösungen zu behandeln.
Mykotische Tonsillitis
Ätiologie der mykotischen Tonsillitis
Die mykotische (pilzbedingte) Form der Tonsillitis (Tonsillomykose) wird durch Hefepilze der Gattung Candida verursacht (am häufigsten C. albicans, seltener C. tropicalis, C. krusei, C. glabrata). Sehr selten können auch Schimmelpilze der Gattung Geotrichum, Aspergillus, Penicillium vorkommen.
Tonsillomykose tritt bei Kleinkindern und älteren Patienten auf, bei einer Langzeitanwendung von Antibiotika bzw. Hormonen (einschl. topisch oder als Aerosol), bei immungeschwächten Personen (darunter häufig bei HIV-Infizierten), Diabetikern und Krebspatient*innen auf, die eine Chemotherapie erhalten.
Anatomie der mykotischen Tonsillitis
Bei der Tonsillomykose in akuter Phase finden sich üblich weiß-graue Ablagerungen auf vergrößerten hyperämischen Gaumenmandeln. Oft breiten sie sich auf die Schleimhaut der Mundhöhle aus. Bei Ablösung der Beläge bleiben blutende Herde, die betroffene Schleimhaut ist ausgeprägt hyperämisch, lackiert.
Symptome der mykotischen Tonsillitis
Mykotische Tonsillitis hat nur lokale Symptome wie Juckreiz, Brennen und Trockenheit im Mund sowie Mundgeruch. Gelegentlich treten Schmerzen beim Essen auf, aber nur in geringem Maße. Häufig wird der Prozess chronisch.
Diagnostik der mykotischen Tonsillitis
Eine mikrobiologische Untersuchung des Abstrichs aus der Schleimhaut der Mundhöhle auf Pilze wird durchgeführt.
Behandlung der mykotischen Tonsillitis
Die Standardtherapie der Tonsillomykose umfasst die Behandlung der Mundhöhle mit Antimykotika.
Spezifische Formen der akuten Tonsillitis
Diphtherie
Ätiologie
Diphtherie ist eine hochkontagiöse anthroponotische Krankheit mit hoher Letalität. Sie wird durch grampositive Bakterien Corynebacterium diphtheriae (Klebs-Loeffler-Bazillus) verursacht.
Anatomie
Die in den Körper eingedrungenen Stäbchenbakterien verursachen lokale Veränderungen in der Oropharynxschleimhaut und allgemeine Auswirkungen auf den Körper durch das Diphtherietoxin. Je nach Schweregrad (Stadium) des Prozesses sind die Gaumenmandeln, der Kehlkopf, die Luftröhre und die Bronchien betroffen.
Bei einer ursprünglich lokalen Form bilden sich weiß-graue, dichte fibrinöse Beläge auf der Oberfläche der Mandeln. Wenn sie aber in eine systemische Erkrankung übergeht, breiten sich die Beläge auf das Zäpfchen und die Gaumendrüsen sowie den Kehlkopf aus. Die Beläge sind schwer zu trennen und hinterlassen eine blutende Oberfläche. Ablagerungen, die sich im Kehlkopf ausbreiten, lösen sich jedoch leicht in dessen Lumen ab und verursachen Asphyxie. Die Gaumenmandeln sind hyperämisch und infiltriert. Es kommt zu einer Reaktion der regionären Lymphknoten, die sich drastisch vergrößern. Das Eindringen des Exotoxins in den allgemeinen Blutkreislauf führt zu einer Schädigung der Zielorgane (Herz, peripheres Nervensystem, Nieren).
Symptome
Bei Diphtherie kommt es zu ausgeprägtem Fieber bis zu 39-40 °C, Tachykardie, starkem Schweißausbruch und Kopfschmerzen. Im Zusammenhang mit der allgemeinen Symptomatik treten Halsschmerzen auf, die sich beim Schlucken verstärken, Mundgeruch, Beläge auf den Tonsillen. Vergrößerte Halslymphknoten werden stark schmerzhaft, der Hals schwillt an („Cäsarenhals“).
Diagnostik
Die Untersuchung ist ähnlich wie bei einer akuten Tonsillitis. Die Diagnose wird anhand des charakteristischen klinischen Bildes und der pharyngoskopischen Ergebnisse gestellt. Leukozyten und C-reaktives Protein, Rheumafaktor im Blut, Urinuntersuchung, bakteriologische Untersuchung des Exsudats bzw. Streptokokken-Test (zur Diagnose von GAS) werden bestimmt.
Therapie
Die Behandlung erfolgt ausschließlich stationär, wo sofort ein Diphtherie-Antitoxin verabreicht wird, das das Diphtherietoxin neutralisiert. Gleichzeitig mit dem Antitoxin werden antibakterielle Medikamente (Penicilline) über einen Zeitraum von 7 bis 10 Tagen verabreicht. In einigen Fällen sind systemische Kortikosteroide angezeigt. Lokale Spülung mit antiseptischen Lösungen wird empfohlen. Eine Impfprophylaxe ist dabei von großer Bedeutung.
Masern
Ätiologie
Masern gehören zu einer Gruppe hoch ansteckender Infektionskrankheiten mit einer hohen Letalität, die durch das Masernvirus aus der Familie der Paramyxoviren ausgelöst wird.
Anatomie
Bei einer Maserninfektion im Prodromalstadium ist eine ausgeprägte Hyperämie des Rachens zu beobachten. Am weichen Gaumen erscheinen große rote Flecken, die sich verschmelzen können. Später treten Beläge auf den Gaumenmandeln auf, wie bei der lakunären Tonsillitis. Das oropharyngeale Gewebe ist mäßig infiltriert. Der gesamte lymphoepitheliale Rachenring (Waldeyer-Rachenring) wird hypertroph. Ein charakteristisches Merkmal für Masern sind typische Koplik-Flecken an der Wangenschleimhaut (weißliche Flecken mit leuchtend roter Umrandung, 2 bis 3 mm im Durchmesser, die nicht ineinander übergehen).
Symptome
Eine Maserninfektion manifestiert sich in der Regel mit lokalen Veränderungen im Mund-Rachen-Raum, Bindehautentzündung und Rhinitis, gefolgt von hohem Fieber (39–40 °C). Weiter kommen Schmerzen am Körper, Lichtscheu und allgemeines Unwohlsein hinzu. Am 4. bis 5. Krankheitstag tritt ein krankheitsspezifisches makulopapulöses Exanthem auf, das sich von oben nach unten ausbreitet. Die einzelnen Exanthemherde konfluieren zu größeren Herden. Am 1. Tag tritt das Exanthem zuerst am Gesicht und Hals auf, am 2. Tag am Körper und breitet sich am 3. Tag auf die Extremitäten aus. Nach einiger Zeit blast der Ausschlag ab und bildet sich in der gleichen Reihenfolge zurück. Durch die Vergrößerung des lymphatischen Gewebes im Rachenraum sind Komplikationen wie Otitis, und Sinusitis häufig.
Diagnostik
Zur Diagnose von Masern werden Blut- und Speicheluntersuchungen zum Nachweis von IgM-Antikörpern durchgeführt. Es ist zu beachten, dass die spezifischen Antikörper nicht sofort im Blut erscheinen, sondern erst 72 Stunden bis 4 Tage nach Ausbruch der Krankheit. Masernvirus-RNA kann auch durch PCR in Oropharyngealabstrichen nachgewiesen werden.
Therapie
Derzeit gibt es keine spezifische Therapie für Masern; es kommen lediglich symptomatische Maßnahmen zum Einsatz. Der wichtigste Aspekt für ihre Prävention bleibt eine Impfung.
Scharlach
Ätiologie
Scharlach (Scarlatina) wird durch eine Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (GAS) hervorgerufen.
Anatomie
Bei Scharlach entwickelt sich eine klassische Tonsillitis: Schwellung und Hyperämie der Gaumenmandeln, Beläge von follikulär bis membranös, in schweren Fällen kann es zu einer Ulzeration der Schleimhaut kommen. Darüber hinaus treten besondere, nur für Scharlach charakteristische Veränderungen auf. Dazu gehört eine scharf abgegrenzte Hyperämie des Pharynx, die meist am harten Gaumen endet. Auf der Zunge bildet sich ein dichter weißer Belag, der nach 2-3 Tagen verschwindet. Die Zunge wird leuchtend rot, lackiert, mit hervorstehenden Papillen („Himbeerzunge“).
Symptome
Diese Infektionskrankheit ist gekennzeichnet durch eine allgemeine Vergiftung, Fieber bis zu 38-40 °C, regionäre Lymphadenopathie, evtl. Erbrechen und Durchfall. Im Zusammenhang mit lokalisierten Veränderungen im Oropharynx tritt feines punktförmiges Exanthem auf der hyperämischen Haut auf. Der Ausschlag breitet sich von oben nach unten aus, ist stärker ausgeprägt an Stellen mit natürlichen Falten (Arm- und Beinfalten, Leistengegend) und kann zu größeren Herden konfluieren. Ein charakteristisches Merkmal ist das frei bleibende Mund-Kinn-Dreieck („periorale Blässe“), das sich weiß von einem leuchtend roten Gesicht abhebt. Während der Rekonvaleszenz bilden sich Veränderungen im Oropharynx, Belag und Exanthem zurück, an den Hand- und Fußflächen tritt eine lamellare Abschuppung auf.
Diagnostik
Die Diagnose wird anhand des typischen klinischen Bildes, der Anamnesedaten und der epidemiologischen Situation gestellt. Eine mikrobiologische Laboruntersuchung des Oropharyngealsekrets wird durchgeführt, um den Erreger und die Empfindlichkeit gegenüber antibakteriellen Medikamenten zu bestimmen. Ein Streptokokken-Test kann eingesetzt werden.
Therapie
Penicillin-Antibiotika werden systemisch über 7-10 Tage gegeben. Eine sorgfältige Mundpflege ist wichtig, Spülungen mit antiseptischen Präparaten sind empfohlen. Für eine schnelle Genesung werden Bettruhe und eine kalorienreiche Diät verordnet.
Infektiöse Mononukleose
Ätiologie
Diese Infektionskrankheit wird durch das Humane Gammaherpesvirus 4 (Epstein-Barr-Virus, EBV) verursacht. Häufiger sind Kinder betroffen.
Anatomie
Das Epstein-Barr-Virus verursacht ausgeprägte Veränderungen im Mundrachenraum. Die Gaumenmandeln und die hintere Rachenwand sind stark hyperämisch und geschwollen. Ihre Oberfläche wird mit dichten fibrinösen Belägen bedeckt. An der hinteren Rachenwand finden sich linsengroße Lymphknötchen.
Symptome
Wie bei anderen Infektionskrankheiten manifestiert sich die Krankheit mit febrilen Körpertemperaturen von bis zu 41 °C. Im Zusammenhang mit Hyperthermie treten Kopfschmerzen und starke Müdigkeit auf, die bis zu einem Monat andauern können. Lokale Veränderungen im Oropharynx gehen mit ausgeprägten Halsschmerzen und Schluckbeschwerden einher. Verschiedene Lymphknotengruppen, häufiger am Hals lokalisiert, sind vergrößert und mäßig schmerzhaft. Es wird eine Hepatosplenomegalie (HSM) festgestellt, in schweren Fällen mit Ruptur der Milzkapsel. Seitens des hepatobiliären Systems findet sich eine vorübergehende Hypertransaminasämie. Werden Penicillin-Antibiotika falsch verordnet, tritt am Körper ein pseudoallergischer Ausschlag von fleckig-papulöser Natur auf.
Diagnostik
Die Diagnose wird anhand eines typischen klinischen Bildes gestellt. Im Blutbild zeigen sich charakteristische Merkmale mit primärer Leukopenie und anschließend zunehmender Leukozytose. Etwa die Hälfte der Leukozyten besteht aus atypischen mononukleären Zellen (daher der Name Mononukleose). Auch erfolgt der Nachweis der Infektion durch den Nachweis von EBV-Antikörpern.
Therapie
Derzeit gibt es keine spezifische Therapie für die Krankheit. Die Therapie ist symptomatisch, es werden auch entzündungshemmende Medikamente verschrieben. In schweren Fällen ist die Verabreichung von Kortikosteroiden gerechtfertigt.
Syphilis
Ätiologie
Diese Krankheit wird durch eine Infektion mit Treponema pallidum hervorgerufen. Der Syphilis-Erreger gelangt durch Schleimhaut- bzw. Hautkontakt in den Körper, wonach er in das Lymphgefäßsystem eindringt und sich ubiquitär verbreitet.
Anatomie
Die Syphilis durchläuft nacheinander 4 Stadien, und in jedem Stadium kommt es zu spezifischen Veränderungen im Oropharynx. Das erste Stadium (primäre Syphilis, Lues I) ist durch die Bildung eines harten Schankers (Ulcus durum) auf der Gaumenmandel, dem weichen Gaumen, der Wangeninnenfläche oder dem Zäpfchen gekennzeichnet. Es handelt sich dabei um eine zunächst als Induration auftretende Papel, die im weiteren Verlauf ulzeriert. Das Ulcus durum oder der harte Schanker ist ein schmerzloses Geschwür mit einer nässenden Oberfläche, aus dem Flüssigkeit austritt, die eine große Anzahl von Spirochäten enthält. Der Boden des Schankers ist lackiert, glänzend, leuchtend rot, dicht und schmerzlos bei der Palpation. Die Größe ist variabel, von einigen Millimetern bis zu 1,5 cm. Befindet sich der Schanker an der Mandel, wird diese leuchtend rot, geschwollen und dicht.
Stadium 2 (sekundäre Syphilis, Lues II) im Oropharynx ist gekennzeichnet durch matt-blasse Flecken, die von einer hyperämischen Krone auf der hellroten Schleimhaut des weichen Gaumens, der Mandeln und des Zäpfchens umgeben sind; der harte Gaumen bleibt intakt. Die Flecken gehen dann in dunkelrote Papeln über, die häufig zu sogenannten Plaques muqueuses konfluieren.
Bei Stadium 3 (tertiäre Syphilis, Lues III) können sich im Oropharynx Gummen bilden. Am häufigsten sind sie am weichen oder harten Gaumen und an der hinteren Rachenwand zu finden. Es handelt es sich dabei um dichte, große Knötchen tiefliegend im Gewebe, die mit der Zeit zerfallen. Nach dem Zerfall scheidet sich über einen engen Fistelgang in den Mundrachenraum durchsichtiges dickes Sekret aus. Nach der Abheilung bleiben dichte Narben zurück, die das umliegende Gewebe zusammenziehen.
Symptome
Krankhafte Veränderungen des ersten Stadiums (Primäreffekt) entwickeln sich an der Eintrittsstelle des Treponema in die Schleimhaut. 3-4 Wochen nach dem Eindringen des Erregers in den Körper bildet sich der harte Schanker (Ulcus durum), durch den sich die Infektion üblicherweise weiter verbreitet. Es kann zu lokalen Halsschmerzen kommen, die sich beim Schlucken verstärken. Regionäre Lymphknoten sind vergrößert und in der Regel schmerzlos. Fieber ist untypisch. Innerhalb von 1-3 Monaten heilt der Schanker unter Narbenbildung ab und es folgt eine lange Latenzzeit.
3-4 Monate nach dem Auftreten des Schankers beginnt das 2. Stadium, das durch anhaltendes Fieber, Schwäche, Kopfschmerzen, stammbetonten Hautausschlag unterschiedlicher Art (Roseola syphilitica), Vergrößerung der Lymphknoten (Polyadenopathie) gekennzeichnet ist. Es treten auch lokale Veränderungen im Mundrachenraum auf. Danach mündet die Krankheit wieder in die Latenz.
Die tertiäre Syphilis (Lues III) entwickelt sich 3-15 Jahre nach Krankheitsausbruch (post infectionem) und betrifft verschiedene Systeme, ist aber heute extrem selten. Wenn sich syphilitische Gummen im Oropharynx bilden, treten Rachenbeschwerden, Schluckstörungen, Sprachveränderungen und Atembeschwerden auf. Die schwerste Verlaufsform ist die Neurosyphilis (Stadium 4, Lues IV), bei der sich die Gehirngefäße oder -häute sowie die Gehirn- oder Rückenmarkssubstanz selbst entzünden.
Diagnostik
Für das Screening finden Blut- bzw. Liquorschnellteste wie TPHA-Test, TPPA-Test, VDRL-Test (Suchteste) Verwendung. Beim VDRL-Test binden körpereigene Syphilis-Antikörper an Lipid-Antigene (Cardiolipin aus Rinderherz). Dieser Test kann jedoch falsch-positive Ergebnisse liefern und ist nicht hochspezifisch (ist ein indirekter, nicht-treponemaler Test). Bei einem positiven Suchtest werden treponemale Bestätigungstests durchgeführt, die die Antikörperanzahl im Blut bzw. Serum bestimmen. Zu den Bestätigungstests gehören ELISA, FTA-Abs-Test und Immunoblot. Es sollte beachtet werden, dass ein seronegativer Zeitabschnitt von 3 bis 6 Wochen post infectionem besteht, in dem Syphilis mit keiner Methode diagnostiziert werden kann.
Therapie
Mittel der ersten Wahl ist das Benzathinpenicillin G, das systemisch über 2 Wochen verabreicht wird. Die Mitbehandlung des Sexualpartners ist obligat.
FAQ
1. Welche atypischen Formen der akuten Tonsillitis gibt es?
2. Wie äußert sich eine Herpangina und wie wird sie behandelt?
3. Was ist eine phlegmonöse Tonsillitis und woran erkennt man sie?
4. Wie äußert sich die Plaut-Vincent-Angina und wie wird sie behandelt?
5. Was verursacht eine mykotische Tonsillitits und wie wird sie behandelt?
6. Was sind die Besonderheiten der Tonsillitis bei Diphtherie?
7. Wie äußert sich eine Tonsillitis bei Masern und wie wird sie behandelt?
8. Was zeichnet die Tonsillitis bei Scharlach aus?
9. Was sind die Anzeichen einer Tonsillitis bei infektiöser Mononukleose?
10. Was sind die Symptome einer syphilitischen Tonsillitis (Angina specifica) und wie wird sie diagnostiziert?
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