Herpes genitalis bei Frauen: Klinik, Diagnostik, Therapie
Herpes genitalis ist eine chronische Virusinfektion, die lebenslang bestehen bleibt. Herpes genitalis wird durch 2 Herpes-simplex-Viren (HSV) verursacht: HSV-1 und HSV-2. Am häufigsten wird der sekundäre Herpes genitalis durch HSV-2 ausgelöst. Dabei verläuft die Infektion asymptom, sodass die infizierten Patienten Viren ausscheiden und andere Personen anstecken können.
Symptome
Die Vaginitis (Vulvovaginitis) herpetica (häufigste Manifestationsform) zeigt sich bei der Spekulumuntersuchung durch eine Schwellung der Vaginalschleimhaut, einen schmerzhaften vesikulären Ausschlag oder ulzerative Läsionen. Das Krankheitsbild ist in der Regel selbstlimitierend.

Bei der Befragung können Patientinnen Beschwerden angeben, die auf neurologische Symptomatik hindeuten. Unspezifische Symptome wie Fieber, Lymphadenopathie und Schwäche können auch bestehen.
Die Infektion kann komplett asymptomatisch verlaufen.
Ein rezidivierender bzw. subklinischer Verlauf kommt häufiger bei HSV-2 vor. Wichtig ist auch, dass eine mit HSV-2 assoziierte Vaginitis das Risiko einer HIV-Infektion um das Zwei- bis Dreifache erhöht, weshalb alle Personen mit Herpes genitalis auf HIV getestet werden sollten.
Diagnostik des Herpes genitalis
Die Diagnose wird dadurch erschwert, dass selbstbegrenzte, rezidivierende, schmerzhafte und vesikuläre oder ulzerative Läsionen, die klassischerweise mit HSV in Verbindung gebracht werden, bei vielen infizierten Personen zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung nicht vorhanden sind.
Bei genitalen Läsionen sollte die klinische Diagnose von Herpes genitalis durch virologische Tests auf den spezifischen HSV-Typ bestätigt werden.
Serologische Tests auf einen bestimmten HSV-Typ können zur Diagnose von HSV bei fehlenden genitalen Manifestationen herangezogen werden.
Der zytologische Nachweis von zellulären Veränderungen im Zusammenhang mit einer HSV-Infektion stellt eine unempfindliche und unspezifische Methode für die Diagnose von genitalen Formen dar.
Ein direkter Immunfluoreszenztest (IFT) mit Fluorescein-markierten monoklonalen Antikörpern steht ebenfalls für den Nachweis von HSV-Antigen in Proben zur Verfügung, ist aber nicht sehr empfindlich und daher nicht zu empfehlen.
Behandlung des Herpes genitalis
Primärer Herpes genitalis
Alle Patienten mit primärer HSV-Infektion sollten eine antivirale Therapie erhalten. Standardmäßig dauert die Therapie 5 bis 7 Tage. Die Behandlung kann verlängert werden, wenn die therapeutische Wirkung nicht erreicht wurde, und zwar bis zu 10 Behandlungstagen.
Sekundärer Herpes genitalis
Antivirale Therapie kann entweder als ein Suppressionsschema zur Bekämpfung von Rezidiven oder episodisch zur Verringerung oder Verkürzung der klinischen Erscheinungen eingeleitet werden. Nach der primären HSV-1-Infektion sind Rückfälle seltener als bei HSV-2. Es liegen keine Daten über die Wirksamkeit einer Suppressivtherapie zur Verhinderung der Übertragung von HSV-1 vor.
Herpes genitalis bei Schwangerschaft
Alle schwangeren Frauen sollten auf das Vorhandensein von Herpes genitalis oder genitalen Symptomen im Zusammenhang mit einer HSV-Infektion während der Schwangerschaft befragt werden. Obligat ist die Abklärung von Prodromalsymptomen (z. B. Schmerzen oder Brennen, bevor Bläschen auftreten). Für eine vaginale Entbindung sollten alle Frauen sorgfältig auf herpetische Hautausschläge untersucht werden. Frauen mit rezidivierendem Herpes genitalis sollten per Kaiserschnitt entbunden werden, um das Risiko einer neonatalen HSV-Infektion zu verringern; eine Übertragung auf das Neugeborene ist jedoch nicht komplett ausgeschlossen. Die Therapie sollte ab der 36. SSW begonnen werden. Es liegen keine Daten vor, die den Einsatz einer antiviralen Therapie bei HSV-seropositiven asymptomatischen Frauen ohne Herpes genitalis in der Vorgeschichte unterstützen.
Empfohlene Therapieschemata bei Herpes genitalis
Klinische Situation | Empfohlene Therapieschemata | Dauer | Anmerkungen |
---|---|---|---|
Primäre klinische Episode | – Aciclovir 400 mg ×3 mal täglich – Aciclovir 200 mg ×5 mal täglich – Valaciclovir 1 g ×2 mal täglich – Famciclovir 250 mg ×3 mal täglich | 7 bis 10 Tage | Innerhalb der ersten 72 Stunden beginnen. Bei schwerem Verlauf – auf bis zu 10 Tage verlängern. |
Episodische Therapie von Rezidiven | – Aciclovir 800 mg ×2 mal täglich – Valaciclovir 500 mg ×2 mal täglich – Famciclovir 1 g ×2 mal täglich (1 Tag) – Famciclovir 500 mg, danach 250 mg ×2 mal täglich | 3 bis 5 Tage | Im Prodromalstadium bzw. innerhalb der ersten 24 Stunden beginnen. |
Suppressionstherapie (häufige Rezidive ≥6/Jahr) | – Aciclovir 400 mg ×2 mal täglich – Valaciclovir 500 mg ×1 mal täglich – Valaciclovir 1 g ×1 mal täglich – Famciclovir 250 mg ×2 mal täglich | Täglich, Langzeittherapie | Verringert das Risiko eines Rückfalls um 70–80 %. Bei ≥ 10 Rückfällen/Jahr kann Valaciclovir 500 mg/Tag weniger effektiv sein. |
Schwangerschaft (ab der 36. SSW) | – Aciclovir 400mg ×3 mal täglich – Valaciclovir 500mg ×2 mal täglich | Bis zur Entbindung | Das Ziel ist, das Risiko einer Übertragung auf das Neugeborene zu verringern. Kaiserschnitt bei bestehendem Ausschlag. |
HSV-1 (seltene Rezidive) | Episodische Therapie (ähnlich HSV-2) | 3 bis 5 Tage | Eine Suppressionstherapie wird aufgrund der niedrigen Rückfallrate nicht empfohlen. |
Prophylaxe des Herpes genitalis
Latexkondome haben sich als wirksam erwiesen und können bei konsequenter und korrekter Anwendung das Übertragungsrisiko verringern, jedoch nicht komplett ausschließen. Bei Patienten mit serologischem Nachweis von HSV-2 (ggf. mit kombinierten Tests) ohne symptomatische Manifestationen ist weder eine episodische noch eine Supressionstherapie zur Rückfallprävention angezeigt.
FAQ
1. Kann man Herpes genitalis vollständig heilen?
2. Wie wird Herpes genitalis übertragen?
3. Was sind die typischen Symptome des primären Herpes genitalis?
4. Kann Herpes genitalis asymptom verlaufen?
5. Wie wird die Diagnose Herpes genitalis bestätigt?
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