Hämatothorax: Ursachen, Symptome, Diagnostik und Therapie
Inhaltsübersicht
Als Hämatothorax (auch Hämothorax genannt) bezeichnet man eine Blutansammlung in der Pleurahöhle mit einem Verhältnis des Hämatokritwertes der Pleuraflüssigkeit zu dem des peripheren Blutes von über 50 %.
Ätiologie
Dieses Krankheitsbild entsteht durch die Verletzung von unterschiedlich großen Arterien und Venen des Lungenparenchyms, der Thoraxwand, des Mittelfells, des Zwerchfells usw. Die häufigsten Ursachen für einen Hämatothorax sind Thoraxverletzungen (nicht penetrierend, penetrierend oder iatrogen). Nicht traumabedingte Ursachen (Tumorerkrankungen, Tuberkulose, Koagulopathien usw.) sind weniger häufig.
Die Modelle unserer App zeigen Hämatothoraxvarianten traumatischer Genese.
Anatomie
Alle Hämatothorax-Modelle zeigen ein menschliches Modell in aufrechter Position.
Bei Hämatothorax sind ein horizontaler Flüssigkeitsspiegel und ein verletztes Zwischenrippengefäß an der hinteren Fläche des Brustkorbs zu sehen. Bei den Varianten eines mäßigen und massiven Hämatothorax drückt das Blut mit seinem Volumen auf die Lunge, was zu einem Lungenkollaps führt.

Die Modelle eines umschriebenen Hämatothorax zeigen abgesacktes Blut unterschiedlicher Lokalisation.

Klassifikation
Sie werden anhand der Ätiologie unterschieden:
- traumatisch
- pathologisch (durch eine Krankheit bedingt)
- iatrogen (als Komplikation bei medizinischen Eingriffen)
Der Hämatothorax kann bei Erwachsenen nach dem Blutvolumen in der freien Pleurahöhle eingeteilt werden (bei Kindern sollte aufgrund der großen geschlechts- und altersbedingten Unterschiede eher die radiologische Klassifikation verwendet werden):
- minimal (bis zu 400 ml)
- mäßig (von 400 bis 1000 ml)
- massiv (über 1000 ml)
Der umschriebene Hämatothorax lässt sich wie folgt einteilen:
- apikal
- interlobär
- supradiaphragmal
- parakostal
- paramediastinal

Nach Vorliegen einer Blutung:
- mit sistierter (zum Stillstand gekommener) Blutung
- mit fortbestehender Blutung
Nach Vorliegen von Komplikationen:
- komplikationslos
- kompliziert (hier lässt sich der Hämatothorax in koaguliert (Fibrothorax) und infiziert (Empyem der Pleura) einteilen)
Pathogenese
Innere Blutungen bei Traumata führen zu einer Blutansammlung in der Pleurahöhle, die wiederum eine Kompression (Ausübung von Druck) der Lunge auf der betroffenen Seite und – bei anhaltenden Blutungen – eine Verlagerung des Mediastinums auf die gesunde Seite und eine Kompression der gesunden Lunge verursacht. Dadurch kommt es zu einer Verringerung des Atemvolumens und der respiratorischen Oberfläche der Lunge und als Folge zu einem beeinträchtigten Gasaustausch. Auch die Verlagerung des Mediastinums mit der Kompression der Hohlvenen und der Lungengefäße hat einen negativen Einfluss auf die Hämodynamik. Klinisch manifestiert sich eine akute Atem- und Herzinsuffizienz.
Symptome
Komplikationsloser Hämatothorax
Die Symptome und Anzeichen können auf die Ätiologie des Hämatothorax zurückzuführen sein, z. B. Schmerzen aufgrund eines Rippenbruchs. Anhaltspunkte für die Diagnose ergeben sich aus der Krankengeschichte des Patienten.
Der Verlauf kann asymptomatisch bei einem geringen Volumen an einmaligem Blutverlust sein. Der Zustand kann auch eine Latenzzeit (angebliches Wohlbefinden) mit langsamem Blutverlust oder übermäßig ausgeprägten Kompensationsfähigkeiten des Körpers aufweisen. Der Hämatothorax kann unspezifische pathologische Symptome aufweisen: Schmerzen oder Beschwerden in der Brust, Husten, Dyspnoe.
Zu den häufigsten Erscheinungen gehören Anzeichen von Tachypnoe, Tachykardie und Hypotonie. Die Haut und die Schleimhäute solcher Patienten sind blass oder zyanotisch. Bei schwerem Verlauf ist der Prozess durch einen schnellen, fadenförmigen Puls, Kurzatmigkeit im Liegen, Bewusstlosigkeit oder Bewusstseinsverlust bei der Aufrichtung des Patienten gekennzeichnet.
Komplizierter Hämatothorax
Im Falle einer Infektion kommt es zu einem allgemeinen Entzündungssyndrom: Hyperthermie, Fieber, Schüttelfrost, Schmerzen auf der betroffenen Seite, Husten, asthenische Störung usw.
Der Fibrothorax kann asymptomatisch verlaufen. Bei ausgeprägter Lungenkompression entwickelt sich das Krankheitsbild einer chronischen Ateminsuffizienz.

Diagnostik des Hämatothorax
Anamnese
Am häufigsten wird über ein (auch leichtes) Trauma, eine bösartige Neubildung oder einen kürzlichen medizinischen Eingriff berichtet.
Körperliche Untersuchung
Eine sorgfältige Suche nach Traumaanzeichen wie Blutergüsse oder Schmerzen im Bereich der Rippen/Thoraxwand ist unerlässlich.
Der Befund der körperlichen Untersuchung stimmt in der Regel mit dem klinischen Verlauf eines Pleuraergusses überein.
Bei Perkussion der betroffenen Thoraxhälfte kann es zu einer Verkürzung des Klopfschalls kommen. Der obere Rand der Flüssigkeit kann, wenn kein Pneumothorax vorliegt, die Damoiseau-Ellis-Linie bilden. Die Herzgrenzen können auf die gesunde Seite verlagert sein.
Bei Auskultation der Lungen wird eine Abschwächung der Atemgeräusche oder ihr Fehlen festgestellt.
Die Eindeutigkeit der körperlichen Anzeichen von Flüssigkeit hängt von der Größe des Hämatothorax ab.

Röntgen-Thorax-Untersuchung
Dies ist ein routinemäßiges Verfahren zur Diagnose eines Hämatothorax, das relativ schnell und kostengünstig ist. Die Röntgenaufnahme kann Aufschluss über die grundlegende Ursache, begleitende Komplikationen (z. B. Rippenbruch), Lungenkollaps, Verlagerung des Mediastinums usw. geben. In der Regel lässt sich ein Hämatothorax erkennen, wenn das Blutvolumen in der Pleurahöhle bei Erwachsenen mehr als 500 ml beträgt. In diesem Fall umfasst die Verschattung auf dem Röntgenbild die Pleurasinus. Bei einem mäßigen Hämatothorax reicht die Verschattung bis zum Winkel des Schulterblatts. Bei einem großen Hämatothorax nimmt das Blut fast die gesamte Pleurahöhle ein. Ein früher Hämatothorax kann jedoch auf Röntgenbildern nicht sichtbar sein, wenn die Bilder in Rückenlage aufgenommen werden (typisch für Traumata).
Dieses Verfahren hat keine guten Screening-Eigenschaften für geschlossene Thoraxtraumata. Es hat eine Sensitivität von bis zu 50 %. Wenn signifikante klinische Erscheinungen vorliegen, erhöht sich die Sensitivität nur auf 75 %.

Sonographie (Ultraschalluntersuchung)
Diese Untersuchungsmethode hat eine hohe Spezifität und ermöglicht den Nachweis von Pleuraflüssigkeit bis zu einem Volumen von 100 ml mit einer Genauigkeit von 100 % und ab 20 ml mit einer Genauigkeit von 75 % (bei Erwachsenen). Die Sonographie stellt eine Alternative dar, wenn eine Computer- oder Magnetresonanztomographie (CT, MRT) nicht möglich ist. Allerdings ist diese Untersuchung bei subkutanem Emphysem und Adipositas problematisch.
Ein Nachteil der Ultraschalluntersuchung ist, dass sie die Ätiologie des Hämatothorax und die damit verbundenen Informationen über andere Thoraxstrukturen (z. B. Aortendissektion) nicht im gleichen Maße wie CT/MRT bestätigen kann.
Computer- und Magnetresonanztomographie
Diese Verfahren haben die höchste diagnostische Sensitivität in Bezug auf Hämatothorax, denn sie ermöglichen es, in 3D-Darstellung sowohl das Vorliegen der Flüssigkeit als auch ihre Lokalisation zu charakterisieren, z. B. im Falle eines umschriebenen Hämatothorax. Zu den Nachteilen gehören hohe Kosten, ionisierende Strahlung bei der CT, die Notwendigkeit, den Patienten in eine Fachabteilung zu bringen, und die Verfügbarkeit der Geräte nicht in jeder Klinik.
Zusätzliche Diagnoseverfahren
Dazu gehören eine diagnostische Punktion oder Drainage der Pleurahöhle zur Visualisierung des Aspirats. Nach Entnahme des Inhalts kann eine Rouvielois-Gregoire-Probe durchgeführt werden, um festzustellen, ob die Blutung noch fortbesteht oder aufgehört hat.
Therapie des Hämatothorax
Die Einweisung in eine chirurgische Abteilung unter Aufsicht eines Thoraxchirurgen ist notwendig.

Ein Hämatothorax mit einem Volumen von weniger als 260–300 ml und einer Trennung (Dehiszens) der Pleurablätter von 1,5–2 cm bei Erwachsenen löst sich in der Regel ohne Komplikationen und zusätzliche Maßnahmen auf. Ist der Patient stabil, so sind eine konservative Behandlung mit Verlaufskontrolle, eine Reihe von Hämoglobinblutproben, wiederholte Röntgenaufnahmen oder Sonographie möglich, um sicherzustellen, dass der Hämatothorax nicht fortschreitet. Zu den konservativen Behandlungsmethoden gehören symptomatische (einschließlich Sauerstoffbehandlung), hämostatische, immunkorrigierende, Bluttransfusions-, Thrombozytenaggregationshemmer- und Antibiotika-Therapie.
Als Indikationen für eine Blutentnahme (Thorakozentese und Drainage) gelten ein progressiver klinischer Verlauf des Hämatothorax, ein Blutvolumen von mehr als 300–500 ml bei Erwachsenen und eine Separation der Pleurablätter von mehr als 3 cm.
Eine Thorakoskopie mit Blutentfernung bei dringenden Indikationen wird in den ersten 24–72 Stunden nach dem Trauma bei stabilem Zustand des Patienten durchgeführt, um einen residualen (verbliebenen), rezidivierenden oder koagulierten Hämatothorax zu behandeln, der die Ausdehnung der Lunge verhindert, und um Infektionen vorzubeugen.

Das Vorhandensein von 1500 ml oder mehr Blut in der Pleurahöhle oder ein dynamischer Zufluss von mehr als 250 ml Blut pro Stunde in drei aufeinander folgenden Stunden durch den Drainageschlauch sind Indikationen für eine chirurgische Notfallbehandlung (Thorakoskopie, Thorakotomie). Es werden Gefäßligaturen, Verschluss von Lungen- und/oder Herzbeutelwunden, Entfernung von Blutansammlungen usw. durchgeführt.
FAQ
1. Wodurch ist eine Blutansammlung in der Pleurahöhle gefährlich?
• Kompression der Lunge: Verursachung der Ateminsuffizienz
• Mediastinalverlagerung: Störung der Funktion des Herzens und der Blutgefäße
• Massiver Blutverlust: Möglichkeit eines hämorrhagischen Schocks
• Infektion: Entwicklung eines Pleuraempyems (eitrige Entzündung)
• Fibrothorax: Bildung von Narbengewebe, das die Beweglichkeit der Lunge einschränkt
2. Welche Komplikationen können bei Hämatothorax auftreten?
• Pleuraempyem: eitrige Entzündung der Pleurahöhle
• Fibrothorax: Vernarbung der Pleurablätter, was zu einer Einschränkung der Lungenbeweglichkeit führt
• Hämorrhagischer Schock: Zustand bei massivem Blutverlust
• Sepsis: Infektion und deren Ausbreitung im Körper
3. Wann ist chirurgische Behandlung notwendig?
• Blutvolumen von über 1500 ml
• Fortbestehende Blutung: über 250 ml/h durch die Drainage
• Koagulierter Hämatothorax: wenn das Blut nicht durch Drainage entfernt werden kann
• Infizierter Hämatothorax: Entwicklung des Pleuraempyems
• Traumatische Verletzungen: Notwendigkeit eines Wundverschlusses oder einer Rekonstruktion
4. Wie kann man Komplikationen eines Hämatothorax verhindern?
• Strikte Einhaltung der Empfehlungen: gegebenenfalls rechtzeitige Drainage unter Aufsicht eines Chirurgen, Einnahme von verschriebenen Medikamenten (Antibiotika, Hämostatika)
• Kontrolluntersuchungen: Röntgenuntersuchung, Ultraschall oder CT zur Verlaufsbeurteilung
• Infektionsvorbeugung: Einhaltung der Sterilität bei Verbandwechsel und Drainagen
• Rehabilitation: Atemübungen zur Wiederherstellung der Lungenfunktion
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