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Vertigo

Auch bekannt als: Systematischer Schwindel

Vertigo (von lat. vertō „drehen, schwenken“) ist eine Form von Benommenheit, bei der man eine Illusion oder ein falsches Gefühl hat, dass sich der eigene Körper oder die Umgebung bewegen. Patienten berichten über Drehschwindel, Liftschwindel oder Schwankschwindel.

Es ist äußerst wichtig, echtes Vertigo von anderen Arten von Schwindel zu unterscheiden, wie z. B. Übelkeit, Präsynkope oder Gangunsicherheit. Vertigo ist fast immer ein Symptom für eine Störung des Gleichgewichtssinns, die sowohl peripher (Innenohr, N. vestibulocochlearis) als auch im zentralen Nervensystem (Hirnstamm, Kleinhirn) lokalisiert sein kann.

Ätiologie und Pathophysiologie

Das Gleichgewichtsempfinden wird beim gesunden Menschen durch das Zusammenspiel von drei Sinnesorganen — dem Gleichgewichtsorgan des Innenohres, den Augen und den Stellungsfühlern (Sensoren, Propriozeptoren) der Muskulatur, der Sehnen und der Gelenke — gewährleistet. Schwindel entsteht, wenn widersprüchliche asymmetrische Informationen von den vestibulären Rezeptoren des linken und rechten Ohrs an das Gehirn gesendet werden oder wenn das vestibuläre Signal nicht mit den Informationen anderer sensorischer Systeme übereinstimmt.

Einteilung je nach Lokalisation der Läsion:

  • Peripherer Schwindel:
    • Beschreibung: macht 80–90% aller Fälle aus. Die Ursache liegt im Innenohr oder im Nervus vestibulocochlearis.
    • Ursachen: Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS) — die häufigste Ursache; Morbus Menière; Neuritis vestibularis; Labyrinthitis.
    • Klinik: Die Anfälle sind in der Regel intensiv, mit Drehschwindel, starker Übelkeit, Erbrechen und Schweißausbrüchen. Häufig mit Ohrsymptomatik (Hörminderung, Tinnitus).
  • Zentraler Schwindel:
    • Beschreibung: hat seinen Ursprung im Hirnstamm oder Kleinhirn. Es handelt sich um einen weitaus schwerwiegenderen und potenziell lebensbedrohlichen Zustand.
    • Ursachen: vertebrobasillärer Insult, multiple Sklerose, Tumoren im Kleinhirnbrückenwinkel, vestibuläre Migräne.
    • Klinik: Der Schwindel ist oft weniger intensiv, aber dafür dauerhafter und eher Schwankschwindel als Drehschwindel. In der Regel begleitet von anderen neurologischen Symptomen wie Doppelsehen, Sprachstörungen (Dysarthrie), Schwäche in den Extremitäten, Koordinationsstörungen (Ataxie).

Klinische Signifikanz

Die Hauptaufgabe bei der Untersuchung eines Patienten mit Vertigo besteht darin, eine gutartige periphere von einer gefährlichen zentralen Ätiologie zu unterscheiden. Die Diagnose basiert auf einer detaillierten Analyse der Beschwerden (Dauer und Häufigkeit der Anfälle, auslösende Faktoren), einer neurologischen Untersuchung und speziellen Tests.

Ein wesentlicher Bestandteil der Untersuchung ist die Beurteilung des Nystagmus – unwillkürlicher rhythmisch-periodischer Augenbewegungen. Die Art des Nystagmus (Richtung, Dekrement, Nystagmushemmung durch optische Fixation) hilft bei der Bestimmung des Ausmaßes der Läsion. Zur Diagnose von BPLS kommt die Lagerungsprüfung nach Hallpike (Dix-Hallpike-Manöver) zum Einsatz. In der Notfallmedizin wird zur Unterscheidung zwischen Schlaganfall und vestibulärer Neuritis die HINTS-Trias angewendet.

Die Behandlung richtet sich grundsätzlich nach der festgestellten Ursache. Bei BPLS sind spezielle therapeutische Manöver (z. B. das Epley-Manöver) wirksam. Die Therapie der vestibulären Neuritis umfasst Kortikosteroide und Gleichgewichtsübungen. Bei zentralem Vertigo ist ursächliche Therapie angesagt (z. B. Thrombolyse bei Schlaganfall).

Differentialdiagnose

Echtes Vertigo muss von anderen Zuständen unterschieden werden, die Patienten ebenfalls als „Schwindel“ bezeichnen können. Dazu gehören Synkopen (das Gefühl, „in Ohnmacht zu fallen“, Obskuration aufgrund eines Blutdruckabfalls), Gleichgewichtsstörungen (Gangunsicherheit, häufig bei älteren Menschen) und unspezifischer, oft psychogener Schwindel (Gefühl von „Leichtigkeit“ oder „Benommenheit“ im Kopf). Fokale neurologische Symptomatik, vertikaler Nystagmus oder ausgeprägte Standunsicherheit bei einem Patienten mit akutem Schwindel ist ein „Warnsignal“, das eine Notaufnahme und bildgebende neurologische Diagnostik (CT/MRT) zum Ausschluss eines Schlaganfalls erforderlich macht.

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